Verkehrs- und Fluchtwege

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Stand: 12/2023

Allgemeines

Bereits in der Bauplanung für Kindertageseinrichtungen müssen grundlegende sicherheitstechnische Anforderungen an die Verkehrs- und Fluchtwege berücksichtigt werden.

Vorgaben für Verkehrs- bzw. Fluchtwege ergeben sich insbesondere aus der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und den dazugehörigen Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR), insbesondere aus der ASR A1.8 „Verkehrswege“ und der ASR A2.3 „Fluchtwege und Notausgänge“.

In diesem Zusammenhang ist es grundsätzlich notwendig, sich über verschiedene Definitionen zu verständigen, um die im Textverlauf verwandten Begriffe zu verstehen. Die folgenden Begriffsbestimmungen stellen in knapper Form Hauptmerkmale heraus und grenzen sich somit von anderen, sinnverwandten Begriffen ab.

  • Einzugsgebiete beschreiben Bereiche, aus dem alle dort anwesenden Personen denselben Hauptfluchtweg nutzen müssen. Dies entspricht z. B. bei mehrgeschossigen Gebäuden der Gesamtanzahl der Personen, die über alle Ebenen (auch als Etagen, Geschosse, Stockwerke bezeichnet) demselben Hauptfluchtweg zugeordnet sind, unabhängig davon, ob diese Personen Abschnitte des Hauptfluchtweges im Fluchtfall zeitgleich oder zeitlich versetzt nutzen. (ASR A2.3 Tabelle 1 – Erläuterungen)
  • Fluchtwege sind Verkehrswege, an die besondere Anforderungen zu stellen sind und die der selbstständigen Flucht aus einem möglichen Gefahrenbereich und in der Regel zugleich der Rettung von Personen dienen. (ASR A2.3)
  • Flucht- und Rettungspläne sind Pläne, in dem die erforderlichen Informationen über die Fluchtwege sowie die Standorte von Erste-Hilfe-Einrichtungen und von zur Selbsthilfe vorgesehenen Brandschutzeinrichtungen dargestellt sind. (ASR A2.3)
  • Gesicherter Bereiche sind Bereiche, in denen Personen vorübergehend vor einer unmittelbaren Gefahr für Leben und Gesundheit geschützt sind (z. B. benachbarte Brandabschnitte, notwendige Treppenräume, sichere Außenbereiche). (ASR A2.3)
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  • Hauptfluchtwege sind insbesondere die zur Flucht erforderlichen Verkehrswege (notwendige Flure, Treppenräume für notwendige Treppen sowie Notausgänge nach dem Bauordnungsrecht (erster Rettungsweg)). (ASR A2.3)
  • Hauptfluchtweglänge ist die kürzeste Strecke vom Beginn des Fluchtwegs zum Notausgang (ohne Berücksichtigung der Raumausstattung, jedoch nicht durch Wände gemessen) bis zum Notausgang. Bei normaler Brandgefährdung darf diese 35 m nicht überschreiten. (ASR A2.3)
  • Lichte Mindestbreite oder Mindesthöhe ist die freie, unverstellte, unverbaute und nicht durch Hindernisse eingeschränkte Breite/Höhe von Verkehrs- oder Fluchtwegen, die mindestens zur Verfügung stehen müssen. (ASR A2.3)
  • Nebenfluchtwege sind neben den Hauptfluchtwegen zusätzliche Fluchtwege, die ebenfalls ins Freie oder in einen gesicherten Bereich führen. (ASR A2.3)
  • Notausgänge sind Ausgänge im Verlauf von Hauptfluchtwegen, die direkt ins Freie oder in gesicherte Bereiche führen. (ASR A2.3)
  • Notausstiege sind geeignete Ausstiege im Verlauf von Nebenfluchtwegen zur selbstständigen Flucht aus Räumen oder einem Gebäude. (ASR A2.3)
  • Notwendige Flure sind Flure, über die Rettungswege von Aufenthaltsräumen zu Treppenräumen notwendiger Treppen oder zu Ausgängen ins Freie führen. (BauO NRW § 36)
  • Treppe ist ein fest mit dem Bauwerk verbundenes, unbewegbares Bauteil, das mindestens aus einem Treppenlauf besteht. (ASR A1.8)
  • Treppenlauf ist die ununterbrochene Folge von mindestens drei Treppenstufen (drei Steigungen) zwischen zwei Ebenen. Die oberste Stufe ist Teil der Austrittsebene. (ASR A1.8)
  • Türen im Verlauf von Fluchtwegen sind alle Türen, die vom Beginn des Fluchtweges bis ins Freie oder in einen gesicherten Bereich zu benutzen sind. Dazu gehören auch Türen von Notausgängen. (ASR A2.3)
  • Sammelstellen sind sicherere Bereiche, an dem sich die im Fall einer Evakuierung flüchtenden Personen einfinden müssen. (ASR A2.3)
  • Verkehrswege sind für den Fußgängerverkehr bestimmte Bereiche in Gebäuden oder im Freien auf dem Gelände. Dazu gehören insbesondere Flure, Gänge und Treppen. (ASR A1.8)

Verkehrswege

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In Kindertageseinrichtungen dienen Verkehrswege dazu, Arbeits-, Aufenthalts- und Spielbereiche störungsfrei begehen und verlassen zu können. Dazu müssen sie in einer ausreichenden Anzahl und Bemessung vorhanden sein. Zu Verkehrsbereichen gehören innenliegend z. B. Flure, Treppen, Gänge und Gebäudeausgänge und außenliegend z. B. Außentreppen, Zu- und Abwege, Rampen und Gebäudeeingänge. Auf Verkehrswegen muss ein sicheres und auch barrierefreies Bewegen möglich sein.

Fußböden müssen eine ebene und trittsichere Oberfläche aufweisen, um Gefährdungen durch z. B. Stolpern, Umstürzen oder Wegrutschen zu vermeiden. Im Freien liegende Verkehrswege wie Außentreppen und Gebäudeeingänge müssen bei allen Witterungsbedingungen sicher begehbar sein. Einbauten z. B. Abdeckungen, Roste und Abläufe sind bündig in Verkehrswegen einzupassen und dürfen keine Fangstellen u.a. für Fußzehen bilden.

Verkehrswege sind übersichtlich zu führen und sollen möglichst gradlinig verlaufen. Verkehrswege auf einer Geschossebene müssen grundsätzlich waagerecht angelegt sein.

Verkehrswege im Innen- und Außenbereich müssen ausreichend beleuchtet sein, damit sie sicher begangen werden können. Zugängliche Verglasungen müssen gegen Glasbruch gesichert und gut sichtbar bzw. gekennzeichnet sein.

Nicht vermeidbare Höhenunterschiede z. B. zwischen benachbarten Gebäudeteilen sind vorzugsweise durch Rampen auszugleichen. Verkehrswege dürfen nicht durch einzelne Stufen unterbrochen werden. Wo Rampen erforderlich sind, müssen diese mit einer Neigung von maximal 6 Prozent auslegt sein.

Für Höhenunterschiede, die nicht durch Schrägrampen ausgeglichen werden können, ist eine Stufenfolge von mindestens zwei zusammenhängenden Stufen mit parallel verlaufenden Stufenkanten und -abmessungen zulässig. Die Steigungshöhe soll zwischen 14 cm und 17 cm und Auftrittsflächentiefe zwischen 29 cm und 32 cm liegen. Stufen sind kontrastreich und möglichst ohne störende Blendung des Benutzers auszuleuchten. Verkehrswege, die gleichzeitig als Hauptfluchtweg dienen, dürfen keine Ausgleichsstufen aufweisen.

Tabelle 1: ASR A 1.8: Lichte Mindestbreiten für den Fußgängerverkehr (Auszug)

Verkehrswege müssen ständig freigehalten werden, damit diese jederzeit sicher benutzt werden können. Lichte Mindestbreiten sind bei Verkehrswegen, Durchgängen und Türen in Abhängigkeit vom Personenaufkommen zu bemessen (siehe Tabelle 1).
Bei der Ermittlung der lichten Mindestbreiten sind neben Beschäftigten und Kindern auch weitere möglicherweise anwesende Personengruppen wie Eltern, Angehörige oder Besucher mit zu berücksichtigen. Verkehrswege dürfen nicht durch Kinderwagen o. ä. eingeengt oder verstellt werden.

Nr.Anzahl der PersonenLichte Mindestbreiten von Durchgängen und Türen im Verlauf von Verkehrswegen*) (in m)Lichte Mindestbreiten von Verkehrswegen (in m)
1bis 50,80*0,90
2bis 200,901,00
3bis 500,901,20
4bis 1001,001,20
5bis 2001,051,20
6bis 3001,651,80
7bis 4002,252,40

Bei Einzugsgebieten von mehr als 200 Personen sind Zwischenwerte der Mindestbreiten (ermittelt durch lineare Interpolation) zulässig.
*) Bei Neubauten, wesentlichen baulichen Erweiterungen oder Umbauten wird empfohlen, für Einzugsgebiete von bis zu 5 Personen eine lichte Mindestbreite von Durchgängen und Türen von 0,90 m (barrierefreie Zugänglichkeit) einzuhalten.

Tabelle 1: ASR A 1.8: Lichte Mindestbreiten für den Fußgängerverkehr (Auszug)


Verkehrswege mit einer lichten Durchgangsbreite unter 0,90 m sind aufgrund der Mindestanforderungen an die barrierefreie Zugänglichkeit grundsätzlich nicht zu empfehlen. Bei Verkehrswegen, die zu besonderen Bereichen z. B. persönlich zugewiesenen Arbeitsplätzen oder Toilettenzellen führen, können die lichten Mindestbreiten von den Werten in Tabelle 1 abweichen. Gänge von persönlich zugewiesenen Arbeitsplätzen müssen eine lichte Mindestweite von mindestens 0,60 m aufweisen. Türen von Toilettenzellen und Toilettenräumen mit nur einer Toilette entsprechend ASR A4.1 Sanitärräume müssen eine lichte Mindestbreite von 0,55 m aufweisen, soweit diese nicht barrierefreien Ansprüche genügen müssen. 

Die lichte Höhe über Verkehrswegen soll 2,10 m betragen und darf 2,00 m nicht unterschreiten. Die lichte Höhe von Durchgängen und Türen im Verlauf von Verkehrswegen soll 2,10 m betragen und darf 1,95 m nicht unterschreiten. Dies gilt auch bei der Verwendung von Funktionselementen z. B. Obentürschließern. Bei neu errichteten oder umgebauten Verkehrswegen ist die lichte Mindesthöhe von 2,10 m über Verkehrswegen möglichst zu realisieren

Flucht- und Rettungswege

An Fluchtwege werden besondere Anforderungen gestellt, um im Gefahrenfall eine schnelle Flucht auf möglichst kurzem Weg in einen gesicherten Bereich oder ins Freie zu ermöglichen. Fluchtwege stellen in der Regel auch Rettungswege dar. Rettungswege, die nicht direkt ins Freie oder einen gesicherten Treppenraum führen, verlaufen nach dem Bauordnungsrecht über „notwendige Flure“ in einen gesicherten Bereich. Sie ermöglichen den Zugang der Feuerwehr und/oder des Rettungsdienstes. Flucht- und Rettungswege müssen zur Entfluchtung, zur Brandbekämpfung und zur Rettung oder Verletztenbergung stets freigehalten werden.

In einer Kindertageseinrichtung stellt sich die Realisierung notwendiger Flure aufgrund des pädagogischen Auftrages in der Praxis eher schwierig dar. In Fluren wird z. B. gespielt, sich witterungsbedingt aus- und angezogen. Somit werden auch Anziehsachen, Spiel- und Dekorationsmaterialien (Brandlasten) bereitgehalten. Um diesen besonderen Nutzungsbedingungen und den Anforderungen aus dem Bau- und Arbeitsstättenrecht gerecht zu werden, kann zum Beispiel aus jedem Gruppenraum eine Tür als Hauptfluchtweg in einen gesicherten Außenbereich geführt werden. Für diese Tür gelten dann die Anforderungen an eine Notausgangstür (u.a. jederzeit zu öffnen, keine Türschwelle, nach außen aufschlagend). Für Mehrzweckräume bietet sich eine vergleichbare Lösung an.

Entsprechend der Arbeitsstättenverordnung und den Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) sind bei der Bemessung der Hauptfluchtwege die lichten Mindestbreiten von Fluren, Durchgängen, Türen oder Notausgangstüren anhand der Anzahl von Personen aus dem Einzugsgebiet zu berücksichtigen.

Tabelle 2: ASR A 2.3: Lichte Mindestbreiten von Hauptfluchtwegen in Abhängigkeit von der Gesamtzahl der Personen im Einzugsgebiet (Auszug)

So sind zur Festlegung der lichten Mindestbreiten von Hauptfluchtwegen die Höchstzahl an Personen, die im Bedarfsfall den Hauptfluchtweg nutzen müssen, zugrunde zu legen. Bei der Ermittlung sind die Anzahl der Beschäftigten, Kinder und möglicher weiterer Personengruppen wie anwesende Eltern, Angehörige oder Besucher z. B. während der Bring- und Abholzeiten oder bei Veranstaltungen (z. B. Kita-Feste, Elternabende) zu berücksichtigen. Die Maße können der Tabelle 2 entnommen werden.


ABC
Nr.Anzahl der Personen (Einzugsgebiet)Lichte Mindestbreiten von Durchgängen und Türen im Verlauf von Hauptfluchtwegen, z. B. Türen von Notausgängen (in m)Lichte Mindestbreiten von Hauptfluchtwegen (in m)
1bis 50,80*0,90
2bis 200,901,00
3bis 500,901,20
4bis 1001,001,20
5bis 2001,051,20
6bis 3001,651,80
7bis 4002,252,40

Bei Einzugsgebieten von mehr als 200 Personen sind Zwischenwerte der Mindestbreiten (ermittelt durch lineare Interpolation) zulässig.
*) Bei Neubauten, wesentlichen baulichen Erweiterungen oder Umbauten wird empfohlen, für Einzugsgebiete von bis zu 5 Personen eine lichte Mindestbreite von Durchgängen und Türen von 0,90 m (barrierefreie Zugänglichkeit) einzuhalten.

Tabelle 2: ASR A 2.3: Lichte Mindestbreiten von Hauptfluchtwegen in Abhängigkeit von der Gesamtzahl der Personen im Einzugsgebiet (Auszug)


Die lichten Mindestbreiten des Hauptfluchtweges nach Tabelle 2, Spalte C, Nummern 1 bis 7 dürfen durch kurze Einbauten oder Einrichtungen, z. B. Feuerlöscher, Wandvorsprünge, Türflügel, Türzargen, Türdrücker und Notausgangsbeschläge, die Maße nach Spalte B nicht unterschreiten. Aufgrund der Anforderungen an die barrierefreie Zugänglichkeit sind lichte Mindestbreiten von weniger als 0,90 m grundsätzlich nicht zu empfehlen.

Für Hauptfluchtwege, die ausschließlich zur Flucht bestimmt sind, dürfen die lichten Mindestbreiten nach Tabelle 2, Spalte C, Nummern 1 bis 7 auf die Werte der lichten Mindestbreiten für Durchgänge nach Spalte B der Tabelle 2 reduziert werden. Solche Hauptfluchtwege können z. B. Gänge, Treppenhäuser und Außentreppen sein, die ausschließlich zur Evakuierung vorgesehen sind und im Normalbetrieb nicht als Verkehrswege genutzt werden. Eine weitere Einengung durch kurze Einbauten oder Einrichtungen ist dabei nicht zulässig.

Für mehrgeschossige Kindertageseinrichtungen oder für Kindertageseinrichtungen, die Bestandteil von mehrgeschossigen Gebäuden sind, in denen die Hauptfluchtwege gemeinsam mit anderen im Gebäude untergebrachten Betrieben oder Einrichtungen genutzt werden, kann gemäß Nr. 5 Abs. 14 bis 16 der ASR A2.3 von den Möglichkeiten „freier Fluss“ oder „Sequenzielle Entfluchtung“ Gebrauch gemacht werden. Beides kann im Einzelfall zu etwas geringen Anforderungen an die Mindestbreite dieser Hauptfluchtwege führen, bedarf jedoch der genauen Planung im Einzelfall.

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In mehrgeschossigen Kindertageseinrichtungen muss aufgrund der hohen Anzahl an potenziell nicht selbstständig fluchtfähigen Personen (z. B. Kinder, Personen mit Behinderung) in der Regel ein Nebenfluchtweg (bisher zweiter Fluchtweg) bzw. ein zweiter baulicher und selbstständig begehbarer Rettungsweg vorgesehen werden. Dieser kann über ein zweites Treppenhaus mit Notausgang oder Notausstieg oder über eine Außentreppe, ggf. mit einem vorgelagerten Fluchtbalkon in einen gesicherten Bereich führen. Bei der Gestaltung von Fluchtbalkonen ist darauf zu achten, dass diese stets frei begehbar sind und auch bei geöffneten (Flucht-)Türen noch über die notwendige Mindestbreite nach Tabelle 2, Spalte C verfügen. Dieses Ziel kann z. B. mit ausreichend breiten Fluchtbalkonen, mit Anordnung der Türen in Nischen oder durch Ausstattung der Türen mit 170° Beschlägen mit Feststeller erreicht werden. Not- oder Fluchtrutschen können eine sinnvolle Ergänzung zu einer Treppe sein. Hierbei ist dann die DIN EN 1176 - Teil 3 „Spielplatzgeräte und Spielplatzböden – Teil 3: Zusätzliche besondere sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren für Rutschen“ zu berücksichtigen.

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Weitere Aspekte, durch deren Beurteilung auch in eingeschossigen und ebenerdigen Kindertageseinrichtungen Nebenfluchtwege erforderlich sein können, sind z. B.:

  • Der Hauptfluchtweg führt durch Bereiche mit einer erhöhten Brandgefährdung, z. B. aus dem Leitungsbüro oder dem Sozialraum über den Spielflur zum Ausgang.
  • Eine hohe Anwesenheit von Personen ist gegeben, so dass über den Hauptfluchtweg eine geordnete Flucht nicht mehr möglich ist.
  • In einem Brandschutzkonzept wurde beurteilt und festgestellt, dass aufgrund weiterer Begebenheiten Nebenfluchtwege erforderlich sind.
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Bei jeglichen Maßnahmen wird immer zu beurteilen sein, wie neben dem Personal auch die Kinder und weitere Besucher in einem möglichst schnellen Zeitraum in einen gesicherten Bereich evakuiert werden können. So sind Aufenthaltsbereiche für Kinder unter drei Jahren nach Möglichkeit im Erdgeschoss anzuordnen, da dann eine Evakuierung wesentlich einfacher und schneller ebenerdig zu bewerkstelligen ist, als aus höher gelegenen Stockwerken.

Wendel- und Spindeltreppen sind im Verlauf eines Hauptfluchtweges (erster Fluchtweg) nicht zulässig. Im Verlauf eines Nebenfluchtweges (zweiter Fluchtweg) sind sie nur dann zulässig, wenn die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung deren sichere Benutzung im Gefahrenfall erwarten lassen. Eine sichere Benutzung von Wendel- und Spindeltreppen durch Kinder, auch mit Unterstützung von Erwachsenen, kann im Gefahrenfall grundsätzlich nicht erwartet werden.

Für Nebenfluchtwege bestehen gemäß ASR A2.3 Nr. 6 einige Möglichkeiten zur Abweichung von Mindestanforderungen im Vergleich zu Hauptfluchtwegen. Diese Erleichterungen gelten ausschließlich nur für solche Nebenfluchtwege, die nicht gleichzeitig Verkehrswege oder Hauptfluchtwege aus anderen Bereichen der Einrichtung sind.

Notausgänge / Notausstiege

Im Hauptfluchtweg sind die als Notausgänge dienenden Türen immer so einzurichten, dass sie jederzeit ohne fremde Hilfsmittel durch das Personal zu öffnen sind und in Fluchtrichtung aufschlagen. Hierbei muss darauf geachtet werden, dass (äußere) Sonnenschutzeinrichtungen z. B. Lamellenstores das Aufschlagen des Notausgangs nicht beeinträchtigen. Äußere Sonnenschutzeinrichtungen sind so auszuführen, dass diese neben den schattenspenden Eigenschaften ein Öffnen der Notausgangstür jederzeit ohne fremde Hilfsmittel ermöglichen.

Ein im Nebenfluchtweg gegebenenfalls vorhandener Notausstieg ist so einzurichten, dass dieser durch die darauf angewiesenen Personen möglichst schnell und ungehindert nutzbar ist. In Kindertageseinrichtungen kann ein Notausstieg z. B. als Tür oder Fenstertür (z. B. Terrassentür) ausgebildet sein, die in einen gesicherten Außenbereich führt.


Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung

Fluchtwege, Notausgänge, Notausstiege und Türen im Verlauf von Fluchtwegen müssen entsprechend der ASR A1.3 „Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung“ deutlich erkennbar und dauerhaft gekennzeichnet werden. Die Kennzeichnung ist an gut sichtbaren Stellen und innerhalb der Erkennungsweite anzubringen. Sie muss die Richtung des Fluchtweges anzeigen, um im Notfall ein sicheres Verlassen des Gebäudes zu ermöglichen. Dies gilt nicht in Räumen, in denen der Fluchtweg eindeutig und jederzeit erkennbar ist, z. B. in Einzelbüros wie einem Leitungszimmer mit nur einer Tür.

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Sammelstellen sollen mit dem Rettungszeichen E007 „Sammelstelle“ deutlich erkennbar und dauerhaft gekennzeichnet werden. Auf Nebenfluchtwegen ist der Ausgang, z. B. Notausstieg z. B. über die Rettungszeichen D-E019 „Notausstieg“ zu kennzeichnen. Falls erforderlich, ist auch der Weg zum Notausgang oder Notausstieg zu kennzeichnen, damit der Zugang wahrnehmbar wird.

Rettungszeichen im Verlauf von Fluchtwegen dürfen nicht auf Türflügeln angebracht werden, weil bei geöffneten Türflügeln Richtungsangaben nicht mehr erkennbar sein könnten bzw. in die falsche Richtung weisen.

Eine Kennzeichnung kann in langnachleuchtender, innenbeleuchteter oder außenbeleuchteter Ausführung erfolgen. Die Art der Kennzeichnung ergibt sich in der Regel aus dem Brandschutzkonzept.

Brandschutzkonzept

Für Kindertageseinrichtungen ist entsprechend der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW) ein Brandschutzkonzept zu erstellen.

In einem Brandschutzkonzept sind unter anderem die Flucht- und Rettungswege auszuweisen. Bei einer Auftragsvergabe zum Brandschutzkonzept muss der Auftraggeber (Bauherr z. B. Träger einer Kindertageseinrichtung) dem Auftragnehmer (Sachverständigen) schriftlich aufgeben, die Unfallverhütungsvorschriften, insbesondere die DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ und die DGUV Vorschrift 82 „Kindertagestageseinrichtungen“ und den Stand der Technik einzuhalten. Das bedeutet auch, das grundlegend bei der Erstellung eines Brandschutzkonzeptes die Bestimmungen der Arbeitsstättenverordnung und seiner Technischen Regeln für Arbeitsstätten berücksichtigt werden sollten. Es hat sich in der Praxis als zielführend erwiesen, darauf in der Beauftragung explizit hinzuweisen.

Alarmplan

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In einer Kindertageseinrichtung sind Notfallmaßnahmen z. B. für Brände oder Unfälle festzulegen. Ein Alarmplan stellt eine einfache Form der schriftlichen Festlegung von Notfallmaßnahmen dar. In einem Alarmplan sind Zuständigkeiten für die einzelnen Tätigkeiten festzulegen. Das Personal der Einrichtung muss über Inhalte und Abläufe im Rahmen einer regelmäßigen Unterweisung informiert werden.

Der Alarmplan wird an geeigneten Stellen in der Kindertageseinrichtung ausgehängt. Der Alarmplan muss regelmäßig aktualisiert werden, z. B. wegen Änderung von Telefonnummern, Personalwechsel.

Räumungsübungen

Um für den Notfall eine routinemäßig ablaufende Räumung sicherstellen zu können, ist es wichtig, diese anhand des Alarmplans regelmäßig zu üben. Es sollte mindestens eine jährliche Alarmprobe in Verbindung mit einer Räumungsübung durchgeführt werden.

Inhalte der Übungen sollten insbesondere sein:

  • Alarm auslösen
  • Notruf absetzen
  • Einrichtung verlassen
  • Sammelpunkt aufsuchen
  • Vollständigkeit prüfen

Im Vorfeld ist zu prüfen, ob der Alarm in allen Räumen zu hören ist und ob ein Notruf jederzeit abgesetzt werden kann. Je nach Form und Größe der Einrichtung kann es notwendig sein, für einzelne Bereiche verantwortliche Personen für die Entfluchtung festzulegen.


Unpassende Wetterverhältnisse sind zu berücksichtigen. Bei der Evakuierung sind die Anwesenheitslisten und möglichst auch eine stets gepackt bereitstehende Notfalltasche mitzunehmen, in der sich u. a. ausreichend viele Rettungsdecken zum Wärmen befinden.

Sinnvoll ist es, eine Räumungsübung in Absprache mit der Feuerwehr gemeinsam durchzuführen. Die Feuerwehr lernt dabei die Räumlichkeiten der Kindertageseinrichtung kennen und die Beschäftigten erhalten eine direkte Rückmeldung von Fachleuten.

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Die Evakuierung von Kleinkindern muss mitbedacht werden. Dabei sollte der mögliche Einsatz von Evakuierungshilfsmitteln geprüft werden (z. B. rollbare Gitterbettchen oder Kinderbusse), mit denen Kleinkinder in den Außenbereich befördert werden können. In nicht ebenerdig gelegenen Einrichtungen sind Kleinkinder zunächst in einen gesicherten Bereich (z. B. anderer Brandabschnitt im Gebäude, notwendiger Treppenraum oder zu diesem Zweck ausgewiesener Fluchtbalkon) zu bringen. Hierdurch gewinnt man Zeit zur sicheren Durchführung der weiteren Evakuierung von dort aus oder zur Übergabe der Kinder an die Rettungskräfte. Ggf. können weitere Hilfsmittel zur Evakuierung von Kleinkindern, z. B. Tragehilfen sinnvoll oder gar notwendig sein. Im Nachgang einer Übung sollte eine Auswertung stattfinden, um etwaige Defizite oder Probleme rechtzeitig zu erkennen und diesen entgegenwirken zu können. Dazu gehört auch die Ausstattung der Einrichtung mit einer ausreichenden Anzahl an geeigneten Feuerlöschern und die Unterweisung der Brandschutzhelfer incl. Übung nach ASR A2.2 „Maßnahmen gegen Brände“.

Flucht- und Rettungsplan

Wenn Lage, Ausdehnung und die Art der Benutzung der Arbeitsstätte es erfordern, hat der Arbeitgeber einen Flucht- und Rettungsplan aufzustellen. Dies kann erforderlich sein:

  • bei unübersichtlicher Flucht- und Rettungswegführung (z. B. über Zwischengeschosse, durch größere Räume, gewinkelte oder von den normalen Verkehrswegen abweichende Wegführung)
  • bei einem hohen Anteil an ortsunkundigen Personen (z. B. Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr)
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Flucht- und Rettungspläne müssen aktuell, übersichtlich, gut lesbar und farblich unter Verwendung von Sicherheitsfarben und Sicherheitszeichen gestaltet sein.

Aus dem Plan muss ersichtlich sein, welche Fluchtwege die Personen von ihrem jeweiligen Standort aus zu nehmen haben, um ins Freie oder in einen gesicherten Bereich zu gelangen. Zur Orientierung ist es wichtig, den Standort des Betrachters im Flucht- und Rettungsplan zu kennzeichnen. Auf den Flucht- und Rettungsplänen sollten auch die Sammelstellen eingetragen sein. Außerdem sind Kennzeichnungen für die Standorte von Erste-Hilfe- und Brandschutzeinrichtungen aufzunehmen. Wird nur ein Teil des Gebäudegrundrisses auf den Plänen dargestellt, sollte eine Übersichtsskizze die Lage im Gesamtkomplex verdeutlichen. Flucht- und Rettungspläne sind in den Bereichen der Kindertageseinrichtung an geeigneten Stellen auszuhängen. Geeignete Stellen sind beispielsweise Bereiche in Fluchtwegen, an denen sich häufiger Personen aufhalten z. B. vor Aufzugsanlagen, in Eingangsbereichen, vor Zugängen zu Treppen und an Kreuzungspunkten von Verkehrswegen. Flucht- und Rettungspläne müssen – bezogen auf den Standort des Betrachters – lagerichtig angebracht werden.

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